Zwei Personen in formeller Kleidung, scheinbar in einer angeregten Diskussion oder einem Meeting, wirken konzentriert und zeigen möglicherweise auf etwas außerhalb des Bildes.

Im Blickpunkt

Im Blickpunkt

Währungspolitischer Stresstest für die Schweizerische Nationalbank

Euro-Franken ist am 14. November temporär bis auf 0,9186 Franken ge­rutscht – ein historisches Tief (sofern man die Intraday-Turbulenzen vom Januar 2015 ausklammert, als die SNB-Wechselkursgrenze überraschend aufgehoben wurde). Zu den hinlänglich bekannten Motiven der Franken-Stärke hat sich ein neues Argument gesellt: Die Hoffnung auf eine handelspolitische Einigung mit den USA war gerechtfertigt. Die USA und die Schweiz haben eine Einigung im Zollstreit erzielt. Gemäß der Absichtserklärung werden die US-Zölle von 39% auf 15% gesenkt. Im Gegenzug verpflichtet sich die Schweiz, bis Ende 2028 rund 200 Mrd. US-Dollar in den USA zu inves­tieren, ein Drittel bis Ende des kommenden Jahres. Laut dem US-Handelsbe-auftragten Greer sieht die Einigung die Verlagerung von Produktionsstätten in die USA vor – unter anderem für Pharma, Goldverhüttung und Eisenbahn­bau. Das Schweizer Parlament muss der Einigung noch offiziell zustimmen; auch ein Referendum ist nicht auszuschließen.

 

 

 


Euro-Franken fiel unter die Marke von 0,92 Franken

Was für die Schweizer Wirtschaft erfreulich klingt, bringt die Notenbank in einen Gewissenskonflikt: Die Franken-Aufwertung erhöht den ohnehin allgegenwärtigen, importierten Deflationsdruck; die Mittel der SNB-Gegen­wehr sind aber begrenzt. Der Spielraum für Leitzinssenkungen ist beim aktuel­len Niveau von nur noch 0,00% nahezu ausgereizt. Wir unterstellen zwar (anders als der Optionsmarkt) für Dezember noch eine Zinssenkung bis auf minus 0,25%, danach sollten aber die befürchteten Nebenwirkungen negativer Leit­zinsen weiteren Schritten entgegenstehen. Der Schlüssel zur Niedriginflation in der Schweiz (Oktober: plus 0,1% J/J) ist die anhaltende Währungsstärke. Was läge da näher, als mit Interventionen gegenzusteuern, die ein über Jahrzehnte erprobtes Instrument der SNB-Politik sind? Diese drohen in den USA aber auf Widerstand zu stoßen, da sie mit einer (vermeintlichen) Manipulation der Dollar-Seite einhergehen und die internationale Wettbe-werbsposition der US-Exporteure tangieren würden. Da die Handelsge-spräche mit den USA angeblich gerade so erfreulich laufen, wäre ein offensicht-licher SNB-Marktein­griff aus diplomatischer Sicht heikel, wenn auch unseres Erachtens aus geldpoli­tischer Sicht völlig legitim. Die Währungspolitik braucht also eine extra Portion Fingerspitzengefühl.



Wie reagiert die SNB auf den stärker werdenden Deflationsdruck?



Statt offensichtlicher Interventionen (=großvolumig und von entsprechender Rhetorik begleitet), um den Devisenmarkt in seine Schranken zu weisen, wäre unterschwellige Marktpflege der diplomatisch geschicktere Weg, selbst wenn dies die Effizienz der Eingriffe schmälern würde. Dieses Versteckspiel wäre spätestens Ende März 2026 beendet, wenn die offizielle Statistik zu den Interventionen im vierten Quartal veröffentlicht wird. Indizien wie Sichteinlagen bei der SNB oder Entwicklung der Devisenreserven würden den Verdacht schon vorher stützen. Hilfreich könnte auch sein, das öffentliche Interesse nur auf Euro-Franken zu richten und die Interventionen nicht direkt über Dollar-Franken laufen zu lassen. Das wiederum würde die von der SNB gewünschte Allokation der Währungsreserven empfindlich stören, wäre aber vielleicht das kleinere Übel. Das kann jedoch nur eine Übergangsphase sein, bevor es zu Realloka­tionen kommt. Angesichts der makellosen Unabhängigkeit der SNB wäre es ein Trugschluss zu glauben, dass sich die Notenbanker politisch unter Druck setzen lassen und ihr übergeordnetes Ziel der Preisstabilität einem Zoll-Deal mit den USA opfern würden. Wir rechnen daher mit einer aktiveren SNB-Währungs­politik (=Interventionen) sowie einer symbolischen Zinssenkung im Dezember.



Wir rechnen mit einer aktiveren SNB-Währungspolitik sowie einer Zinssenkung im Dezember