Im Blickpunkt

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Trump’sche Zollpolitik und Sorgen um die Weltwirtschaft belasten Rohölpreis

Die unberechenbare Zollpolitik von Donald Trump und die damit verbundenen Rezessionsängste haben die Anleger an den Ölmärkten weltweit fest im Griff. Insbesondere die jüngste Zolloffensive des US-Präsidenten im Rahmen des „Liberation Day“ am 2. April löste einen Ausverkauf an den Ölmärkten aus. Maßgeblich für den Ausverkauf und Preisverfall verantwortlich waren die Verhän­gung und das Inkrafttreten der reziproken Zölle auf sämtliche Importe in die USA. Nicht nur fiel die Zollkeule wesentlich drastischer aus als vielseits erwartet, sondern Trump schien auch nicht an Kompromissen interes­siert – bis zuletzt. Inzwischen hat er aber einigen Nationen eine „Zinspause“ gewährt.

Ausverkauf an den Rohölmärkten

Für diejenigen Handelspartner, die Gegenzölle verhängt haben, bleiben die länderspezifischen Zölle jedoch bestehen. Dies trifft allen voran China, das signalisiert hat, nicht nachgeben zu wollen, und hohe Vergeltungszölle verhängt hat. Sollten die Gegenzölle in Kraft bleiben und China sich nicht demnächst verhandlungsbereit zeigen, befürchten viele Anleger eine weitere Eskalation des Handelskrieges zwischen den USA und China. Dabei ist Rohöl per se zwar nicht direkt von den neuen Maßnahmen betroffen, da Energieimporte von Rohöl, Gas und Raffinerieprodukten in die USA von den Zöllen befreit sind. Doch ändert dies nichts an der übergeordneten Auffassung der meisten Marktteilnehmer, dass eine weitere Eskalation der Handelskonflikte kurz- und mittelfristig gravierende Auswirkungen auf die Weltkonjunktur hätte. Diese würden wiederum auf der Nachfrage nach dem schwarzen Gold lasten und die Preise weltweit spürbar unter Abgabedruck setzen.

Handelskonflikt belastet Rohöl
 
Aber: Energieimporte von Rohöl, Gas und Raffinerieprodukten in die USA sind von Zöllen befreit

Neben den Nachfragesorgen trug auf der Angebotsseite obendrein auch das OPEC+-Kartell maßgeblich zum Preisverfall bei. Dies erhöht gemäß dem Produktionsplan seine Fördermengen seit diesem Monat sukzessive wieder. Allerdings hat der Verbund überraschenderweise angekündigt, die Förderung im Mai um ein Vielfaches der geplanten Menge auszuweiten. Statt der ursprünglich geplanten Anhebung um 135.000 Barrel pro Tag soll die Menge nun auf 411.000 Barrel pro Tag verdreifacht werden. Diese Ankündigung hat die Märkte zusätzlich in Aufruhr versetzt und den Abwärtsdruck auf den Ölpreis deutlich verstärkt.

Angebotsverhalten der OPEC+ drückt auch auf den Rohölpreis

Die Zollstreitigkeiten bleiben bestimmend und die Unsicherheit hoch. Aufgrund der eingetrübten Konjunkturaussichten im weiteren Jahresverlauf und dem expansiven Förderkurs der OPEC+ fallen auch die Erwartungen für die weite­re diesjährige Nachfrageentwicklung nach dem schwarzen Gold eher verhalten aus. Aus diesem Grund korrigieren wir unsere Ölpreisprognosen auf Sicht von drei und sechs Monaten nach unten und senken diese jeweils von 75 US-Dollar auf 70 Dollar je Barrel. Mit deutlichen Aus­schlägen nach oben und unten ist zu rechnen. Die künftige Entwicklung der Handelskonflikte, der Ölnachfrage und der Ölpreise dürfte vom Verlauf der Verhandlungen und etwaigen (Gegen-) Zöllen abhängen. Die Unsicherheit dürfte allerdings hoch bleiben. Aufwärts­risiken dürften unterdessen zum einen von den Sekundärzöllen auf russi­sches und iranisches Öl ausgehen, mit denen Donald Trump droht, sollten sich die Länder nicht verhandlungs- und kompromissbereit zeigen. Zum anderen stellen auch die geopolitischen Konflikte weltweit, etwa im Nahen Osten weiter­hin ein Risiko dar. Die Konflikte könnten jederzeit wieder aufflammen und für neuen Auftrieb sorgen. Insgesamt sollten von den Risikofaktoren aber tenden­ziell eher kurzfristige Preisimpulse ausgehen

Neue Rohölprognose für Brent: mittel- und langfristig bei rund 70 US-Dollar je Barrel