
Im Blickpunkt
Im Blickpunkt
Gold versus Silber: Zwei Edelmetalle, zwei Narrative
Gold und Silber zählen zu den ältesten Wertspeichern der Menschheit und haben sich über Jahrtausende hinweg sowohl kulturell als auch ökonomisch etabliert. Während Gold historisch vor allem als Symbol für Stabilität, Ewigkeit und monetäre Sicherheit galt, wurde Silber zunehmend als industriell nutzbares Edelmetall eingeordnet. Diese strukturelle Unterscheidung prägt auch den heutigen Markt.
Gold: Symbol für Stabilität,
Silber: industriell nutzbares Edelmetall
Der physische Goldmarkt ist im direkten Vergleich mit Silber nach Volumen deutlich kleiner, konzentrierter und politisch stärker „aufgeladen“. Die Nachfrage setzt sich zu wesentlichen Teilen aus Schmuck (40%), als Anlageinstrument (25%) und aus Zentralbankkäufen (20%) zusammen. Besonders Zentralbanken aus Schwellenländern haben ihre Goldreserven in den letzten Jahren deutlich ausgebaut. Die Motive reichen von Diversifikation bis hin zum Wunsch nach größerer Unabhängigkeit vom US-Dollar. Parallel dazu verzeichnet die Nachfrage privater Haushalte, insbesondere in den USA, Deutschland und China, ein anhaltend hohes Niveau – nicht zuletzt als Reaktion auf geopolitische Unsicherheiten und erhöhte US-Inflationserwartungen.
Charakteristika des Goldmarktes
Silber ist und bleibt hingegen wesentlich breiter industriell verankert. Fast 60% der Nachfrage entfallen auf Branchen wie Photovoltaik, Elektromobilität, Halbleitertechnik und Medizintechnik. Trotz der bemerkenswerten Aufwärtsbewegung seit Oktober 2023 gibt es keine Anzeichen dafür, dass Silber von den Märkten als sicherer Hafen beziehungsweise zunehmend als Wertspeicher betrachtet wird. So hat sich der Anteil der für Anlagezwecke vorgesehenen Silbernachfrage an der Gesamtnachfrage seit 2016, mit Ausnahme eines Ausreißers im Jahr 2020, nicht signifikant verändert.
Charakteristika des Silbermarktes
Seit der Verschärfung des Konfliktes im Nahen Osten im Oktober 2023 verzeichnen die Preise beider Edelmetalle eine außergewöhnlich starke Aufwärtsbewegung. Ausgehend von etwa 1.850 US-Dollar je Feinunze kletterte der Goldpreis im Frühjahr 2025 auf etwa 3.500 US-Dollar und notiert aktuell bei rund 3.350 US-Dollar. Der Silberpreis legte zwischen Herbst 2023 und Juli dieses Jahres von 21 US-Dollar auf rund 38 US-Dollar zu. Die wichtigsten Treiber der gestiegenen Goldnachfrage sind die geopolitischen Spannungen sowie die aggressive US-Zollpolitik. Diese Gemengelage sorgt für eine erhöhte Nachfrage nach Gold in dessen Funktion als sicherer Hafen. Bemerkenswert ist vor dem Hintergrund der herausfordernden Rahmenbedingungen in Kombination mit der unterstellten Konjunkturabhängigkeit von Silber der zu beobachtende Aufwärtstrend bei dessen Preis. So könnte die aktuelle Rally darauf hin-deuten, dass sich Silber in den letzten zwei Jahren ein Stück weit von den fundamentalen Nachfragefaktoren – zumindest temporär – entkoppelte.
Erstaunlich enger Gleichlauf zwischen Gold und Silber seit Oktober 2023
Mit Blick auf die langfristige Preisentwicklung ist bei Gold eine höhere Stabilität zu beobachten. So neigt Silber in Phasen rückläufiger Preise zu stärkeren Korrekturen, in Aufschwungsphasen fallen die Kursgewinne hingegen meist positiver aus als bei Gold. Vor diesem Hintergrund stellt sich bei der Anlageentscheidung also nicht zwangsläufig die Frage nach dem Entweder-oder. Vielmehr können beide Edelmetalle als komplementäre Bausteine in einem diversifizierten Portfolio agieren. Während Gold in Krisenzeiten Stabilität bietet, eröffnet Silber in volkswirtschaftlichen Erholungsphasen oder bei neuen Technologien zusätzliches Aufwärtspotenzial – allerdings bei höherer Volatilität.
Blick auf die langfristige Preisentwicklung zeigt: Gold und Silber sind durchaus komplementäre Bausteine im Portfolio